Anfang des Jahres 2012 brachte die Digitalisierung des Bildarchivs des Paulinenauer Landwirtschaftsinstitutes eine von Georg Drasché abfotografierte alte Chronik des Paulinenauer Sportvereins zu Tage. Unter den Negativen war auch das Bild einer Gruppe Mädchen, die in bequemen Gewändern in freier Natur vor der Kamera posiert. Wer sie sind und wann und warum sie sich in alten Tagen so hübsch im Grünen zusammengefunden hatten, darauf wollte das Bild auf den ersten Blick keine Antwort geben.
Beim genaueren Hinsehen bestätigt sich die Vermutung, dass es einen Bezug zum Paulinenauer Turn- und Sportverein gibt. Auf dem Kleid einer der Jugendlichen sind die Buchstaben TSV und P erkennbar, aus denen man auf den 1923 gegründeten Sportverein schließen darf. Doch wer sind die Mädchen?
Im März 2012 schrieb Sigrid Fabarius aus Brieselang in unser Gästebuch. Ein Teil ihrer Familiengeschichte spielte sich vor fast 100 Jahren in Lindholzfarm ab, lag aber nun mehr oder weniger im Dunkeln. Sigrids Mutter war 1915 dort geboren; mittlerweile ist sie verstorben. Als die Mutter sechzig Jahre alt war, waren beide einmal nach Paulinenaue gefahren, doch viele Spuren hatten sich verwischt: „Es gab eine Frau, die meine Mutter ‚Die Schwarze Martha‘ nannte, nach der haben wir gesucht“, schrieb mir Sigrid im März. Ich kannte den Namen nicht und vergaß ihn wieder.
Um mehr über das alte Foto herauszufinden, habe ich es wenig später Ursula Haseloff aus Paulinenaue vorgelegt. Sie erkannte in dem Mädchen mit den PTSV-Initialen sofort die „Schwarze Martha“, und zwar am charakteristischen Pony, der ihr den Spitznamen gab. Ihre Eltern hießen Borguslawski; sie waren als polnische Saisonarbeiter nach Paulinenaue gekommen und hier ansässig geworden. Martha war als Jugendliche ein dorfbekannter Wildfang, heiratete dann den Maurer Erwin Dreusicke (1914-1986), der beiden ein Haus im Bienenfarmer Weg baute. Später sah man Martha auf dem Friedhof das Grab ihrer Schwester pflegen, die sich in den 1930er-Jahren aus Liebesummer von der Kanalbrücke gestürzt hatte. Laut schwor sie dabei Rache für denjenigen, der ihre Schwester zu diesem Schritt veranlasst hatte.
Nun schickte ich Sigrid Fabarius das Bild, das zeigte, wen sie und ihre Mutter damals in Paulinenaue vergeblich gesucht hatten, und erhielt eine überraschende Antwort: „Das ist ja der Knaller. Meine Mutter ist die ganz links auf dem Foto … Sie erzählte, dass sie als junges Mädchen Handball gespielt hat. Sie stand im Tor, aber den Vereinsnamen hat sie nie genannt“. – Es wird der PTSV gewesen sein.
Zwei der Mädchen auf dem Bild sind nun identifiziert. Martha Borguslawski (1914-1992) und Viktoria Trzeciak (1915-1991), die Mutter von Sigrid Fabarius. Da Viktoria das Dorf schon 1931 wieder verließ, lässt sich auch das Aufnahmedatum einigermaßen deutlich auf etwa 1930 beziffern.
Vielleicht lassen sich auch andere der Aufgenommenen aus der Vergessenheit holen? Falls Sie eine der Paulinenauerinnen auf dem Foto erkennen, schicken Sie eine Nachricht an kulturverein(at)paulinenaue.info.
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