Gerhard Oetjen war ein kleiner Junge von fünf Jahren, als 1964 sein Vater und ein halbes Jahr darauf sein Großvater verstarben. Seine Mutter führte nach den beiden Todesfällen den Kontakt zur Familie des Vaters nicht weiter, so dass Gerhard heute, zwei Jahre nach ihrem Tod, nur sehr wenig über die väterliche Linie weiß. Dabei ist die nicht uninteressant. Mit Großvater Heinz Oetjen (1913-1965) weist sie sogar eine ziemlich schillernde Figur auf. Dessen Geschichte ist der Enkel gerade auf der Spur. Sie führt auch nach Paulinenaue.

Denn Heinz Oetjen war in seinem Leben nicht bloß ein ausgebildeter Opernsänger, ein Kriminalist und zeitweise aufstrebender SED-Funktionär, sondern in den 1950er Jahren auch Bürgermeister von Nauen – und von Paulinenaue. In Heinz Oetjens Fotoalbum aus den Nauener Jahren, das erhalten geblieben ist, sieht man ihn als tatkräftigen Arbeiterfunktionär, der Reden hält, Karneval feiert und sich mit Arbeitern und Honoratioren gleichermaßen verbrüdert. Seine Lebensfreude – so vermutet Enkel Gerhard – hat ihn 1958 wohlmöglich das Nauener Amt gekostet. Genaueres weiß man nicht, aber damals wurde Heinz Oetjen von Nauen nach Paulinenaue versetzt, während der vorherige Paulinenauer Bürgermeister Gerhard Buchholz nach Falkensee und 1971 dann auch nach Nauen wechselte.

Der Paulinenauer Bürgermeister Heinz Oetjen ca. 1960. Sammlung Gerhard Oetjen.

Heinz Oetjen musste, als es ihn aufs Dorf verschlug, nicht zum ersten Mal einen Karrierebruch verkraften. Der Umstand, dass seine Mutter bei Bremen, also im Westen lebte, hatte schon ein paar Jahre zuvor seine recht aussichtsreiche Polizeikarriere gebremst. Und doch sieht es so aus, als habe sich Oetjen mit dem Wandel der Situation gut arrangieren können. Auch in Paulinenaue zeigte er einigen Einsatz. Jedenfalls resignierte er nicht, sondern wurde ein aktiver Förderer der Freiwilligen Feuerwehr und war 1963 an der Gründung des Kleintierzuchtvereins beteiligt. In seine Amtszeit fallen die Gründung eines Gemeindekindergartens sowie der Bau des Heizhauses und der großen Wohnblocks im Ortszentrum. Fast überall dort, wo Paulinenaue heute noch ein typisches DDR-Gesicht zeigt, bekam es das, als Heinz Oetjen hier Bürgermeister war. Auch die Gründung von LPG und GPG und damit die problematische Phase der Kollektiverung der Landwirtschaft vollzog sich in jenen Jahren.

Die Rolle, die Oetjen bei alledem spielte, ist nicht klar. Der ehemalige Bürgermeister ist in Paulinenaue fast, nicht aber ganz vergessen. Noch heute trägt der Förderverein der Freiwilligen Feuerwehr Paulinenaue e.V. seinen Namen. Er hat ihn 1989 erhalten. Zwar weiß kaum einer der Kameraden und Vereinsmitglieder heute noch, warum das geschah, aber dass noch nicht alle Erinnerungen an seinen Großvater verloren sind, darauf hofft Gerd Oetjen.

Er fragt nun, wer noch etwas über Heinz Oetjen weiß und würde sich freuen, wenn Sie zu ihm Kontakt aufnehmen. Über die Emailadresse kontakt(at)paulinenaue.info oder per Telefon 03321-4236853 vermittle ich gern den Kontakt.

Quellen: Wacker, Günter: Paulinenaue. Eine Ortschronik aius dem Havelland. Gespräche und Emails mit Gerhard Oetjen, Wolfgang Wiech (Nauen) und Arne Breder (Paulinenaue).