Als letzte der drei ostdeutschen Landtagswahlen dieses Jahres komplettierte nach Thüringen und Sachsen am 22. September 2024 die Wahl in Brandenburg den Abstimmungsreigen auf Landesebene. Alle drei Wahlen fanden bundesweit starke Beachtung, da der sich abzeichnende  Zugewinn populistischer Parteien und Gruppierungen wie der AfD oder des neuen „Bündnis Sarah Wagenknecht“ (BSW) eine drastische Verschiebung der politischen Landschaft im Osten anzeigte. Uns interessiert mit Paulinenaue und Selbelang an dieser Stelle wie immer der Blick auf unsere Gemeinde. Würden sich, wie bei den letzten Wahlen, die übergreifenden Trends auch hier niederschlagen? Wie steht es, was die Landespolitik betrifft, um Paulinenaues politisches Klima?

Wahlhelferinnen und Wahlhelfer im Paulinenauer Feuerwehrdepot bei der Stimmauszählung am Sonntagabend. Foto: E. Schwarz 2024.

Zunächst: In Paulinenaue (mit Selbelang) lag die Wahlbeteiligung nicht bei nur 54,5 Prozent, wie die Statistik auf den ersten Blick auszuweisen scheint. Unter Einbezug der Briefwahlstimmen ergibt sich eine dem Landesdurchschnitt entsprechende Beteiligung von weit über 70 Prozent. Sieht man von dem beachtlichen, aber nicht zweistelligen Einstieg der Wagenknechtpartei einmal ab, dominieren zwei Parteien das Ergebnis dieser Wahlen. Auf SPD und AfD entfallen mehr als zwei Drittel der Stimmen. Gewinnerin der Wahl ist in Paulinenaue die SPD, die mit einem Vorsprung von knapp drei Prozent (35,5 %) vor der AfD (32,7 %) das Rennen macht. Mit deutlichem Abstand nach unten folgen CDU (10,8 %) und das BSW (9,5 %). Die Linke bleibt unter fünf Prozent, die Grünen fallen um fünf Prozentpunkte auf 2,3 Prozent. Beachtlich auch: Keine Paulinenauerin und kein Paulinenauer wählte mehr die FDP.

In der Paulinenauer Feuerwehr, d.h. im Dorf Paulinenaue, ist der Abstand zwischen SPD (33,9 %) und AfD (33,4 %) noch einmal geringer als in der Gesamtgemeinde. Die SPD bekam hier nur zwei Stimmen mehr als die AfD. Auch wenn die Sozialdemokraten damit noch besser abschnitten als vor fünf Jahren, ist es vor allem die AfD, die weiter an Boden gewinnt. In den letzten zehn Jahren hat sie im Dorf ihren Stimmenanteil von 16,4 auf nunmehr 33,4 Prozent glatt verdoppelt.

Prozentuale Verteilung der Zweitstimmen im Paulinenauer Wahllokal (FFW) 2019 und 2024.

In Selbelang immerhin fällt der Sieg der SPD über die AfD mit 41,7 % gegenüber 30,0 %  bei diesen Wahlen so deutlich aus wie in keinem anderen Wahllokal im Amt Friesack. Auch der mit 30 % immer noch hohe Wert der AfD in Selbelang ist 2024 im gesamten Amt Friesack der kleinste.

Mit Blick auf die Erststimmen gewinnt der SPD-Kandidat Johannes Funke in beiden Ortsteilen von Paulinenaue vor dem AfD-Kandidaten Dominik Kaufner. In Selbelang fällt dieser Sieg wiederum weit deutlicher aus als im Paulinenauer Feuerwehrdepot.

Überhaupt messen sich auf Amtsebene die Paulinenauer Ergebnisse vergleichsweise wenig AfD-lastig aus. 36,2 Prozent der Zweitstimmen erhält die rechtsextreme Partei im Amt Friesack und gar 40,3 Prozent der Erststimmen konnte Kaufner einsammeln. Beide Werte bedeuten den ersten Platz. In nur fünf von 15 Wahllokalen des Amtes liegt dagegen die SPD bei den Zweitstimmen über den Werten der AfD oder mit ihnen gleichauf. Zu diesen fünf gehören beide Paulinenauer Wahllokale. So ähneln die Paulinenauer Ergebnisse eher denen des Wahlkreises Havelland I, dessen Gros der Wählerschaft in der städtisch geprägten Randlage von Berlin lebt. Die osthavelländer Kreiswerte liegen wiederum ganz in der Nähe der Landesergebnisse.

Interessiert man sich aus gegebenem Anlass einmal für besonders hohe AfD-Werte in der Nachbarschaft von Paulinenaue, lohnt – das lehrt mittlerweile schon die Erfahrung – ein Blick nach Senzke. 48,8 Prozent sind es diesesmal dort bei den Zweit- und 52,7 Prozent bei den Erststimmen. Aber Senzke erzielt nicht einmal den AfD-Spitzenwert im Amt Friesack. In Wutzetz erreichte die AfD gar 61,8 Prozent der Zweitstimmen. In diesem Dorf ist auch der CDU-Wert ganz interessant: 1,5 Prozent. Wer hätte gedacht, dass einmal ein kleines Runddorf am äußersten Rand des Landkreises besonders deutlich den Trend anzeigt, dem unser ganzes Land derzeit entgegengeht. Man könnte auch sagen: Wer Wutzetz will, wählt AfD.