Karl Weirauch ist ein Phänomen. Das älteste Foto von ihm zeigt ihn als Dreijährigen auf einer monströsen Wiesenwalze vor dem Paulinenauer „Neubau“, in der heutigen Philipp-Müller-Straße. Es wurde 1928 aufgenommen. Wenn er heute über das Schicksal der Walze berichtet, die Mitte der 1930er Jahre erst ausrangiert und dann ausgeweidet wurde, fehlt kein Detail. Karl berichtet über das Paulinenaue der Zwischenkriegszeit als Vertrauter, dem alles von damals noch bekannt zu sein scheint, der darüber Auskunft geben und ein Bild zeichnen kann und will. Dem Kulturverein hat der geschichtsinteressierte Altpaulinenauer schon viele Male als Zeitzeuge Auskunft gegeben.

Die Wiesenwalze von Johann Weirauch 1928. Karl sitzt direkt neben ihm.

Als wir ihn am letzten Sonntag trafen, ging es um Torf. Wer weiß noch etwas vom Torfabbau, der in Paulinenaue 1924 eingestellt wurde? Karl natürlich kennt sich aus, durch die Berichte seines Vaters Johann (1896-1981), der die imposante Wiesenwalze fuhr. Die Gruppe aus 16 Radlern, die ins Luch aufbrach – wegen der Erneuerung der Steinbrücke fuhren wir am Lindholz entlang über das ehemalige Knauersche Gestüt zur „Grauen Laus“ – erfuhr dort an der ehemaligen Mülldeponie eine Menge über die Zeit, als Torf in den kümmerlichen Jahren nach dem Ersten Weltkrieg nicht nur in den Luchdörfern, sondern auch in Berlin ein beliebtes Heizmittel war.

Die Jahre nach der zweiten Luchmelioration waren eine Aufbruchzeit in Paulinenaue, das zu einem Zentrum der preußischen Binnenkolonisationsmaßnahmen ausgebaut werden sollte. Damals gründete Major Prentzel, ein aus den verlorenen Kolonien in Paulinenaue gestrandeter Mann, die „Havelländischen Torfwerke Paulinenaue“. Karl Weirauch hat den Torfabbau selbst nicht mehr erlebt, doch er sprang als Junge mit seinen Freunden durch die verlassenen Torflöcher und hat sich Orte und Geschichten gemerkt. Als er sie jetzt 80 Jahre später erzählte, zeichneten wir sie für das Archiv des Kulturvereins mit dem Tonband auf. Und nach Torf haben wir am Ende auch gegraben, mit Erfolg!

Herzlichen Dank an Karl Weirauch und die Interessierten und bis zum nächsten Mal!

Galerie zu unserer Exkursion am 28.04.2019