Rede des Vereinsvorsitzenden Detlef Wacker am 25. November 2023 anlässlich des 100. Gründungsjubiläums des Paulinenauer Turn- und Sportvereins im Gasthaus „Apne 3“
Zur Vorgeschichte
Viele werden sich fragen, warum treffen wir uns heute an einem Samstagnachmittag in einem indischen Restaurant, um das 100. Jubiläum des Paulinenauer TSV zu begehen. Lassen sie mich daher mehr als 100 Jahre zurückschauen.
Paulinenaue war ein kleines Vorwerk und seit 1833 im Besitz derer von Knoblauch zu Pessin. Mit dem Aufkommen der Eisenbahn ist auch Paulinenaue erwacht. Am 15.12.1846 wurde die Strecke Berlin-Hamburg in Betrieb genommen. Während Herr Ribbeck auf Ribbeck und Herr von Erxleben in Selbelang nicht bereit waren, der Eisenbahngesellschaft beim Bau der Strecke entgegenzukommen, sah das Herr von Knoblauch pragmatischer. Für seine Einwilligung, der Eisenbahnverwaltung entgegenzukommen, erhielt Paulinenaue einen Haltepunkt an der Strecke. Zu dieser Zeit zählte Paulinenaue 118 Einwohner. Am 12.09.1880 wurde die Strecke nach Neuruppin eröffnet und am 02.04.1900 erfolgte die Eröffnung der Strecke nach Rathenow, der damaligen Kreisstadt des Westhavellandes. Somit wurde Paulinenaue zu einem kleinen Eisenbahnknotenpunkt unweit von Berlin. Das Dorf wuchs weiter und hatte 1895 214 Einwohner. Zum großen Teil waren es Eisenbahnbeamte. Die Einwohnerzahl sollte sich bis 1931 auf 516 erhöhen.
1914 verkaufte der in Geldschwierigkeiten geratene Herr von Knoblauch das Gut Paulinenaue an den Grundstücksmakler Staroßte, der es wiederum 1917 an die zur Havelländische Siedlungsgesellschaft gehörende Ritterschaftsbank verkaufte.
Zur gleichen Zeit kam es in Essen zu einem Streit zwischen den Brüdern Karl und Johannes Goldschmidt. Hans Goldschmidt war Chemiker und hatte 1894 das Thermitverbundschweißen entwickelt, ein bis heute qualitativ unübertroffenes Standardverfahren für die Verschweißung von Eisen- und Straßenbahnschienen, das weltweit zur Anwendung kommt. Nach dem Zerwürfnis mit seinem Bruder Karl kehrte er 1918 nach Berlin zurück und erwarb von der Ritterschaftsbank diverse Grundstücke in Paulinenaue. Gut angelegtes Geld, denn die Inflation, die 1923 ihren Höhepunkt hatte, zeichnete sich ab. Paulinenaue besaß neben den Grundstücken auch eine gute Bahninfrastruktur. Mit der Bahn sind es nach Berlin nur knapp 50 km. All dies mag Prof. Goldschmid bewegt haben, neben seiner Forschungstätigkeit auch Gutsbesitzer in Paulinenaue zu werden. 1918/19 richtete er in der Ruppiner Straße 9 eine Werkstatt für die Weiterentwicklung seines patentierten Schweißverfahrens ein.
Die Werkstatt bestand aus einer Schweißerei und einer Tischlerei. Dort waren 12-15 Arbeiter beschäftigt. Außer zu Schweißverfahren forschte Professor Goldschmidt auch in einer Gärtnerei unweit seiner Schweißwerkstatt. Untersucht wurde die Wirkung der Begasung auf das Pflanzenwachstum im Gewächshaus. Dazu wurden verschiedene chemische Substanzen verbrannt und die Abgase durch ein Rohrsystem in das Gewächshaus geleitet. Über die Versuchsergebnisse ist leider nichts bekannt, aber man kann sagen, dass Prof. Goldschmidt eine erste Grundlage für den späteren Forschungsstandort Paulinenaue gelegt hat.
Während einer Kur in Baden Baden verstarb Prof. Goldschmidt am 21. Mai 1923 im Alter von 62 Jahren. Die Beerdigung fand am 26. Mai 1923 in Paulinenaue statt. Die Grabrede hielt der spätere Nobelpreisträger Otto Hahn. Prof. Goldschmidt wurde kurze Zeit später nach Berlin umgebettet. Sein Besitz in Paulinenaue wurde nach und nach aufgelöst und verkauft.
Die Gründung des PTSV und seine Geschichte bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs
Goldschmidts Arbeiter und ihre Familien, die durchweg aus Berlin stammten, blieben in Paulinenaue. Da sie in ihrer Freizeit gerne Sport trieben, regten sie die Gründung eines Sportvereins an. Zwei von ihnen, Edmund Engelbrecht und Erich Horst, gehörten zu dessen Gründern und Edmund Engelbrecht wurde zum Vorsitzenden gewählt. Die Gründungsversammlung fand am 25.11.1923 im damaligen Gasthaus „Zu den drei Landkreisen“ statt – also an dieser Stelle, an der wir uns heute nach 100 Jahren wieder versammelt haben, um das Jubiläum zu feiern. Dem neu gegründeten Paulinenauer Turn- und Sportverein gehörten etwa 20 Mitglieder an, die sich in den drei Sportarten Fußball, Faustball und Leichtathletik sportlich betätigten.
Der erste Übungsplatz entstand hinter dem Gutspark, dort wo heute die Häuser Rübensam bis Waydbrink in der Straße „Unter den Eichen“ stehen. 1926 bestritten die Faustballer mit einer Juniorenmannschaft (18-21 Jahre) ihre ersten Punktspiele. Gegner waren vornehmlich Berliner Mannschaften (Spandauer Ballspielklub, Spandauer Sportverein, Berliner Taubstummen 06, Berolina). Der Punktspielbetrieb der Faustballer wurde aber bald eingestellt und es wurden nur noch Freundschaftsspiele ausgetragen. Dagegen wurde Leichtathletik durchgängig betrieben. Unter der Leitung des Berliner Meisters im Diskus und Steinstoßen Grabowski konnten bei Wettkämpfen in Vietznitz, Friesack, Haage, Berge und Paulinenaue gute Ergebnisse erzielt werden. Erfolgreiche Sportler dieser Zeit waren unter anderem Oskar Huth, Martin Krüger, Heinrich Kunkel, Willi Bewer, Willi Beker, Ewald Dazinnes, Otto Quast, Heinz Dannenberg und Karl Krys. Den Älteren werden diese Namen noch etwas sagen.
1930 begann unter Leitung des neuen Vorsitzenden Johannes Schröder, dem ,Maler- Hannes‘, der Bau des Sportplatzes am Lindholz. Unter Mitwirkung der Sportler und mit viel Aufwand wurde der Platz mit Spaten und Schaufel eingeebnet. Pferdefuhrwerke wurden organisiert, um die Senken mit Sand auffüllen zu können. Damals entstand auch bereits eine Umkleidekabine, die sich seitlich des Platzes in Höhe der heutigen Wechselkabinen befand. Die Punktspiele der Paulinenauer Fußballer begannen in der 2. Bezirksklasse des Verbandes Brandenburgischer Ballspielvereine (VBB). Am Ende der Serie hatte die Mannschaft ein Torverhältnis von 106:6 Toren und stieg in die 1. Bezirksklasse auf, in der sie Meister wurde.
Mit der Machübernahme der Nationalsozialisten 1933 wurden die sieben Regionalverbände aufgelöst und durch ,Fußballgaue‘ ersetzt. Anstelle des VBB trat der Gau Berlin-Brandenburg mit der Gauliga Berlin-Brandenburg als höchste Spielklasse. Die Paulinenauer spielten in der 1. Kreisklasse unter anderem gegen zwei Mannschaften aus der Stadt Brandenburg sowie gegen Mannschaften aus Wittstock, Rathenow, Wittenberge, Neuruppin, Wusterhausen und Nauen. Als Schiedsrichter fungierten in dieser Zeit Karl Krys und Helmut Wolf, beide auch noch nach dem Krieg. 1935 wurden nur noch sieben Punktspiele absolviert.
Mit Verkündung der Wehrpflicht 1935 zerfiel die Mannschaft und der darauffolgende Krieg tötete manch guten Spieler. Unter Leitung von Karl Krys wurde im Jahr 1940 eine Schülermannschaft gegründet. Sie spielte im Kreis Rathenow unter anderem mit den Spielern Bruno Czerniak, Karl Weirauch, Werner Kusch und Gottlieb Geisler und wurde dort Schulmeister. Auch diese Mannschaft musste bald aufgelöst werden, da viele Spieler noch zum Kriegsdienst eingezogen worden sind. Der Sport in Paulinenaue kam in dieser Zeit zum Erliegen.
Die Nachkriegszeit
Nach dem Krieg im Jahr 1946 sammelten die Sportfreunde Helmut Quandt, Gerhard Giese und Martin Krüger die sportlich interessierten Bürger um sich und bildeten die Sportgemeinschaft „Traktor“. Nach und nach kamen die Männer, die den Krieg überlebt hatten, aus der Gefangenschaft zurück. Flüchtlinge aus den ehemaligen Ostgebieten ließen sich in Paulinenaue nieder und so konnte, neben einer Frauenhandballmannschaft, die Feldhandball spielte, eine Männermannschaft im Fußball für den Spielbetrieb angemeldet werden. Gegner in dieser Zeit waren Friesack, Rhinow, Hohennauen, Gülpe, Nennhausen und Mögelin. Spieler dieser Mannschaft waren unter anderem Karl Weirauch, Gottlieb Geißler, Gerhard Giese, Martin Krüger, Kurt Dera, Heinz Borchmann und Bruno Czerniak. Ihr Vorsitzender war bis 1954 Gerhard Giese, gleichzeitig Bürgermeister in Paulinenaue.
Der Sportplatz befand sich im Dorfzentrum an der Ecke Bahnhofstraße- Mitscherlich Allee, wo heute der 8 WE-Block steht, gegenüber dem kleinen Sportplatz. Nach einer kurzen Fusion mit den Friesacker Fußballern wurde durch den Zuzug von Mitarbeitern des neugegründeten Institutes wieder eine eigene spielstarke Fußballmannschaft aufgestellt. Damals besannen sich die Fußballer auch wieder auf ihren Sportplatz am Lindholz. In vielen freiwilligen Arbeitsstunden gingen sie daran, den Platz zu vergrößern und in seiner heutigen Anlage herzurichten. Am 1. Mai 1953 wurde der Platz eingeweiht, Professor Mitscherlich, damals schon 79 Jahre alt und seit dem 1. Juni 1949 Direktor des neugegründeten „Institutes zur Steigerung der Pflanzenerträge“, führte den Anstoß aus und gab den Ball frei für das Eröffnungsspiel zwischen einer Jugendmannschaft aus Paulinenaue und Rathenow. Unter Leitung von Erwin Wienbrack wurde Anfang der 1950er-Jahre außerdem Pferdesport betrieben. Gemeinsam mit Sportfreunden aus den Nachbarorten fanden Reit- und Fahrturniere statt, zumeist auf der idyllisch gelegenen Jägerwiese.
„BSG Wissenschaft“ – Der Paulinenauer Sportverein in der DDR
Im Jahre 1956 erfolgte die Umbenennung in BSG „Wissenschaft“ und es begann mit dem Institut als Trägerbetrieb eine neue Etappe in der Entwicklung des Sports in Paulinenaue. Weitere Sportarten wie Volleyball, Schach, Tennis und Frauengymnastik kamen hinzu. Geleitet wurde die Betriebssportgemeinschaft ab 1955 zunächst von Heinz Grundmann und nach dessen Tod erneut von Gerhard Giese.
Neben der Fußballabteilung gründete sich 1965 die Abteilung Volleyball. Gründungsmitglieder waren Walter Bernebesey, Wolfgang Seyfarth und Klaus Müller. Zunächst einmal mussten Spielmöglichkeiten geschaffen werden und es begann der Bau von zwei Spielfeldern auf dem Kleinen Sportplatz. Die Qualität der Anlage war so gut, dass ein DDR-Oberligaspiel zwischen dem SC Traktor Schwerin und dem TSC Berlin auf dem kleinen Sportplatz stattfand. Wolfgang Seyfarth und Dieter Thier waren als Organisatoren und Schiedsrichter national und international, unter anderem bei der Volleyball EM in Rostock und dem Frauenländerspiel DDR- USA in Potsdam, aktiv.
Ende der 1960er-Jahre wurde unter Leitung von Hasso Barenthin die Abteilung Tennis gegründet. Der Platz im Park wurde renoviert und eine Prallwand aufgestellt. Nun konnte mit dem Training begonnen werden und eine Jugendmannschaft nahm am Punktspielbetrieb im Bezirk Potsdam teil. Da man nur Auswärtsspiele bestreiten konnte und der Anreiseweg recht aufwändig war, wurde der Punktspielbetrieb bald eingestellt und Tennis in Paulinenaue nur noch als Freizeitsport betrieben.
An dieser Stelle möchte ich mich bei Heinz Wellenbrock bedanken, der sich die letzten Jahre um den Erhalt des Tennisplatzes gekümmert hat. Heinz, wir konnten dich zu deinem 75. Geburtstag aus dem Vorstand verabschieden, in der Hoffnung, dass du trotzdem immer mal ein Auge auf den Platz wirfst und deinen Nachfolger Sebastian Paech unterstützt. Vielleicht gelingt es uns auch, eine Verabredung mit der Gemeinde zu treffen, um diese Sportstätte, die nicht viele Gemeinden habe, zu erhalten.
Ebenfalls Anfang der 70er-Jahre wurde durch Erhard Geithner die Abteilung Schach ins Leben gerufen. Viele Kinder des Ortes konnten für diesen Sport begeistert werden. Es gab Turniere im Gästehaus, dem heutigen Schloss, und im Park unter freien Himmel. Zu dieser Zeit waren die Geschwister Geithner und Holger Rücker erfolgreiche Spieler. Übertroffen wurden sie in den Achtzigerjahren von Falk Hesse, der mehrfach Kreismeister wurde und regelmäßig vordere Plätze bei den Bezirksmeisterschaften belegte. Von 1968 bis 1978 setzte sich Dr. Klaus Müller als Vorsitzender mit großer Aktivität für die Entwicklung des Sports in der BSG ein.
Zunehmend ging es um die Nachwuchsförderung. In enger Zusammenarbeit mit der Schule wurden über den eigentlichen Sportunterricht hinaus interessierte Kinder in gesonderten Trainingsgruppen an den regelmäßigen Sportbetrieb in den Sektionen herangeführt. Dafür engagierten sich erfahrene Sportler der BSG wie Dieter Thier, Dieter Czerniak und Edmund Elke, vor allem aber der Sportlehrer Gerhard Hellwig.
Viele Medaillen von Kinder- und Jugendspartakiaden auf Kreis- und Bezirksebene holten sich die Paulinenauer Schüler und Schülerinnen. Klaus Köhler kam 1976 zu Weltmeisterehren im Rudern als Mitglied des Junioren-Achters vom SC Dynamo Berlin. Die Nachwuchsabteilung der Volleyballer wurde unter Leitung von Dieter Thier Trainingsstützpunkt für den TSC Berlin und konnte zwei Sportler (Geschwister Timmermann) zum TSC Berlin delegieren.
Auch die Nachwuchsarbeit in der Sektion Fußball wurde aktiviert. Das ist besonders das Verdienst von Dieter Czerniak und Dietmar Fehlberg, die Nachwuchsmannschaften gründeten und betreuten. Die gute Nachwuchsarbeit zahlte sich bald aus. Mehrere Paulinenauer Schüler und Jugendliche spielten erfolgreich in den Auswahlmannschaften des Kreises. Klaus Schäfer und Detlef Wacker gewannen mit ihren Mannschaften Goldmedaillen bei den Bezirksspartakiaden.
Die Männermannschaft spielte im Kreismaßstab ab 1980 eine immer größere Rolle. Hier machte sich die gute Nachwuchsarbeit erstmals auch im Männerbereich bemerkbar. Zu den Leistungsträgern der 1. Männermannschaft, wie Dieter Czerniak, Klaus Schäfer und Detlef Wacker, rückten jüngere Spieler wie Joachim Wacker, Frank Kriese, Frank Zielsdorf, Holger Elke und Bernd Elke, und so konnte 1982 der Aufstieg in die Bezirksklasse gefeiert werden. Mit dem Zugang vieler jüngerer Spieler konnte in den Folgejahren auch eine breite Basis aufgebaut werden, so dass ab 1984 zwei Männermannschaften am Punktspielbetreib teilnahmen und eine Männermannschaft die Vorspiele der ersten Mannschaft bestritt.
Im Nachwuchsbereich gab es zu diesem Zeitpunkt eine Schülermannschaft der Jahrgänge 1971/72 mit Spielern wie Falk Hesse, Thomas Hanke, Roman Wellbrock, Martin Hermann oder Christian Schaller, die in der Saison 1986/87 als Jugendmannschaft Kreismeister werden sollten und sich als Juniorenmannschaft 1989 für den ,Junge Welt-Pokal‘ des Bezirkes Potsdam qualifizierten. Daneben gab es eine Knabenmannschaft der Jahrgänge 1974/75 mit Spielern wie Jörg Hesse, Marco Krys, Ricardo Selch, Lars Henning oder Ronny Polanik, die ebenfalls am Punktspielbetrieb teilnahmen. Hinzu kam noch eine Kindermannschaft der Jahrgänge 1979/80 mit Spielern wie Nicky Czerniak, Christian Paelchen, Olaf Niemann, Axel Rübensam oder Peter Lucke, die später in den Wettspielbetrieb einsteigen sollten.
In Vorbereitung auf die Saison 1982/83 wurde durch die Fußballer auch das Sportlerheim am Sportplatz am Lindholz erstmals erweitert und renoviert. Viele freiwillige Aufbaustunden wurden für die Errichtung, Rekonstruktion und Erhaltung der Sportanlagen geleistet. Absoluter Höhepunkt war der Aufbau der Sporthalle mit den Außenanlagen als Initiativbau 1980/81. Bis dahin hatte der Schulsport im Saal der Gaststätte stattgefunden. Am 23.01.1982 erfolgte nach zweijähriger Bauzeit die Übergabe an die zukünftigen Nutzer, an die Schule und die Sportgemeinschaft. Am Bau leisteten rund 450 Einwohner einschließlich der Schüler etwa 7800 freiwillige Aufbaustunden und die Betriebe des Territoriums beteiligten sich mit Handwerkerleistungen und finanziellen Mitteln.
Klaus Müller wurde 1979 mit der Baubetreuung der Sporthalle beauftragt und Wolfgang Seyfarth übernahm den Vorsitz des Sportvereins. Mit Fertigstellung der Turnhalle wurden in Paulinenaue Voraussetzungen für mehr Vielfalt in der sportlichen Betätigung geschaffen. Die Gymnastikgruppe der Frauen und die Tischtennisspieler konnten sich weiter entfalten.
Als PTSV gegen Hertha, Schach und Volleyball – Höhepunkte und Erfolge nach 1989
Mit dem 9. November 1989 veränderte sich auch das Sportleben in Paulinenaue. Das Institut als Trägerbetrieb wurde abgewickelt und der Verein musste sich neu finden. Auf einer Delegiertenkonferenz am 29.11.1990 fand die erste Vorstandsneuwahl des wieder in ,Paulinenauer TSV 1923‘ umbenannten Vereins statt. Der Verein hatte zu diesem Zeitpunkt 220 Mitglieder. Vereinsvorsitzender war Holger Scheffczyk. Nachdem er aus beruflichen Gründen Paulinenaue verließ, übernahm Wolfgang Seyfarth wieder den Vereinsvorsitz.
Ein Höhepunkt in der Vereinsgeschichte war sicherlich der 7. Juli 1993. Die Fußballer, als Tabellenzweiter der 1. Kreisklasse, hatten sich zum 70. Vereinsjubiläum Hertha BSC zu einem Freundschafsspiel eingeladen und Trainer Sebert kam mit voller Kapelle nach Paulinenaue. Neben Torwart Walter Junghans und den Spielern Nico Kovac, Carsten Ramelow, Oliver Schmidt, Sven Demandt oder Theo Gries kamen auch die Neuzugänge Frank Rhode, Claus Peter Wollitz, Dirk Bremser und Thomas Richter zum Einsatz. 700 Zuschauer sahen eine kurzweilige Partie, in der zunächst die Fußballer im Mittelpunkt standen. Die Bild-Zeitung titelte in ihrer Überschrift „Demandt schoß Würstchen-Stand ab.“ Tatsächlich landete sein Volleyschuss in der 30. Minute in der Nähe des Verkaufsstandes. Dennoch machte er fünf Tore, Thomas Richter erzielte drei, Claus Dieter Wollitz, Theo Gries und Dirk Bremser steuerten jeweils zwei Treffer bei.
20 DM garantierte ein Hertha-Fan für jedes Tor, das Paulinenaue in diesem Spiel erzielen würde. Leider kam nichts in die Mannschaftskasse, weil Bernd und Holger Elke, Rene Beck, Klaus Schäfer und Karl- Heinz Hilse nicht den Ball im Tor unterbringen konnten. Besser machten es die Herthaner mit zehn Treffern in der ersten und acht Treffern in der zweiten Halbzeit. Zur Pause dann ein weiterer Höhepunkt. Beim Elfmeterschießen, Walter Junghans machte seinem Stellvertreter Marco Sejna Platz, verwandelte Bürgermeister Erhard Hesse sicher und Lokalmatador „Pele“ Dietmar Fehlberg jagte wie in alten Zeiten das Leder in die Maschen und schickte den Hertha-Keeper in die andere Ecke.
Die Fußballer nahmen im weiteren Verlauf mit zwei Männermannschaften am Spielbetrieb teil und erzielten dabei unterschiedliche Erfolge auf Kreisebene. Unvergessen sind sicherlich auch die Busfahrten nach Spanien und Italien Mitte der 1990er-Jahre. Besonders in Spanien wurde die Mannschaft durch begeisterte und für großartige Stimmung sorgende Freundinnen und Ehefrauen zu sehr guten Ergebnissen getrieben. Die dabei waren, wissen, wovon ich spreche.
1995 erhielt der Verein Fördermittel in Höhe von 136.800 DM, 68.400 DM als Zuschuss und 68.400 DM als Darlehen, für die die Gemeinde Paulinenaue die Bürgschaft übernahm. Mit Unterstützung der Fußballer konnte damit das Sportlerheim umgebaut werden und es erhielt seine heutige Form.
Konnten die Volleyballer bis zur Wende in fast allen Altersklassen Mannschaften melden, so war in den folgenden Jahren ein starker Rückgang zu verzeichnen. Man konzentrierte sich mehr auf den Freizeitsport und mit der Einweihung eines Beachvolleyballplatzes auf dem Kleinen Sportplatz im Jahr 2000 konnte dem Freizeitvergnügen stimmungsvoll nachgegangen werden.
In der Abteilung Schach unter der Leitung von Bernd Zahn konnten ebenfalls weitere Erfolge gefeiert werden. 1995 und 1997 wurde Christian Elke Landesmeister und mit dem Gewinn der Brandenburger Vereinsmeisterschaft im Juni 1999 durch Tobias Henschel, Benjamin Kunkel, Benno Zahn und Marvin Hänsel machte die nächste Generation von Schachspielern auf sich aufmerksam.
Im Juni 2002 erfuhr der Vorstand von den Auflösungsabsichten des Hertefelder Fußballvereins. Schnell war der Entschluss gefasst, den Hertefeldern ein Übernahmeangebot zu unterbreiten. Es war ein sehr pragmatisches und schlitzohriges Angebot, denn gewann der Hertefelder FV das Relegationsspiel in der Kreisliga Havelland Mitte, konnte man gleich zwei Klassen höher am Wettspielbetrieb teilnehmen. Viele Fans fuhren zum Spiel nach Potsdam, sahen einen 1:0 Sieg der Hertefelder und der Aufstieg zwei Klassen höher konnte gefeiert werden. Da zu diesem Zeitpunkt keine Spielgemeinschaften erlaubt waren, musste eine Fusion der beiden Vereine erfolgen. Dies wurde am 16.08.2002 vollzogen und es entstand der ,Paulinenauer/Hertefelder TSV‘. Da zeitgleich die Berger Fußballer keine Mannschaft mehr zusammen bekamen, stellten die verbliebenen Spieler einen Antrag auf Aufnahme in den neuen Verein Paulinenauer/Hertefelder TSV. Der Vorstand stimmte dem Antrag zu und so starteten drei Männermannschaften, zwei Nachwuchsteams und eine Altherrenmannschaft, in die Saison 2002/2003. Gerade die Nachwuchsmannschaften, eine B-Jugend unter Leitung von Olaf Peters und eine D-Jugend unter Leitung von Frank Hirse sollten für die weitere Entwicklung des Fußballs in Paulinenaue noch sehr wichtig werden.
Das Jahr 2003 stand ganz im Zeichen des 80. Geburtstages unseres Vereins. Viele Sportveranstaltungen wurden durch die Abteilungen organisiert und erfolgreich durchgeführt. Höhepunkt war sicherlich das Fußballspiel zwischen unserer Kreisligamannschaft und einem ,Rocchigiani-All-Star-Team‘ um den Boxweltmeister Graciano Rocchigiani und seinen Bruder Ralf. 500 Zuschauer kamen zu diesem Spiel und sahen einen 11:5 Sieg unserer Mannschaft.
Aus der Abteilung Schach sorgte noch einmal Benno Zahn für Furore, als er 2005 und 2007 Landesmeister wurde. Auch die Landesmannschaftsmeisterschaften wurden mehrfach gewonnen, unter anderem mit Tobias Henschel, Benno Zahn, Marvin Hänsel und Martin Hermann. Leider hat sich die Abteilung Schach aufgelöst und viele Spieler sind in anderen Vereinen sportlich aktiv.
In Paulinenaue gab es immer wieder gute Schachspieler, die auch in anderen Abteilungen des Vereins sportlich erfolgreich waren, unter anderem Joachim Wacker, Christian Schaller, Falk Hesse, Marvin Hänsel, Tobias Henschel und Benno Zahn im Fußball oder Andre Rübensam und Martin Hermann im Volleyball.
2010 stieg die 1. Männermannschaft aus der Kreisliga ab, die Fusion mit den Hertefeldern wurde nach acht Jahren erfolgreicher Zusammenarbeit beendet und man nahm wieder den Namen ,Paulinenauer TSV‘ an. Der Fußball stand kurz vor dem Aus, da viele Spieler den Verein verließen. Der Vorstand beauftragte den Trainer Ralf Niendorf und Spieler wie Konrad Thöns und Marvin Hänsel, bis zum Saisonbeginn eine Mannschaft für den Spielbetrieb zusammenzustellen. Man besann sich auf die erfolgreichen Jugendmannschaften aus den Jahren 2002 und 2003, konnte einige Spieler wieder aktivieren und somit eine Mannschaft für den Punktspielbetrieb anmelden. Sportlich war man in die 1. Kreisklasse abgestiegen, aber Vorstand und Trainer trafen die Entscheidung, die Mannschaft nur für die 2. Kreisklasse zu melden.
Bewährte Vorstandsarbeit und Konzentration auf den Nachwuchs – Der PTSV heute
Mit Beginn der Saison 2017/2018 wurde im Männerbereich eine Spielgemeinschaft mit der SG Blau-Weiss Pessin gebildet. Somit spielte zu diesem Zeitpunkt die 1. Mannschaft (überwiegend Pessiner Spieler) in der Kreisliga A und die 2. Mannschaft (überwiegend Paulinenauer Spieler) in der 2. Kreisklasse A. Die Spielgemeinschaft wurde nach zwei Spielzeiten wieder aufgelöst und beide Vereine nahmen mit eigenständigen Mannschaften am Spielbetrieb des Fußballkreises Havelland teil. Neben dem Punktspielbetrieb der 1. Männermannschaft, heute unter Leitung von Christian Zarbock, bestreitet die Altherrenmannschaft unter Leitung von Peter Egorow in den Monaten April bis Oktober diverse Freundschaftsspiele auf dem Groß- und Kleinfeld gegen Mannschaften der näheren und weiteren Umgebung.
Seit 2021 ist es wieder gelungen, verschiedene Nachwuchsmannschaften im Bambini-Bereich aufzubauen. Bei den Funinio-Festivals, einer neue Form der Nachwuchsarbeit in Deutschland, gehen die G-Jugend (die Jahrgänge 2017/18) unter Leitung von Daniel Fehlauer und die F-Jugend (die Jahrgänge 2015/16) unter Leitung von Tobias Schuchard an den Start. Unterstütz werden sie größtenteils von Lars Köhler, Fabian Bock und Marcus Pech. Die Durchführung solcher Funinio-Turniere stellen eine große Herausforderung dar, sowohl, was die Anzahl der Übungsleiter, aber auch, was die materielle Ausstattung betrifft. Bleibt zu hoffen, dass die Kinder Spaß am Sport haben, sich an frischer Luft bewegen und einige von ihnen dem Fußball treu bleiben.
Die Volleyballer haben unter Leitung von Ronny Heinze und Spielertrainer Karsten Schmidt im Frühjahr 2010 begonnen, wieder eine Mannschaft für den Punktspielbetrieb aufzubauen. Ziel war es, aus Teilen der früheren Mannschaft sowie aus Neuzugängen eine Mannschaft für den Landesspielbetrieb zu formen. Am 11. September 2010 war es so weit und die Mannschaft begann mit zwei klaren Siegen den Punktspielauftakt in der Landesklasse Nord. Leider ist die Mannschaft 2012 abgestiegen und hat sich aufgelöst. Volleyball wird jetzt wieder im Freizeitbereich gespielt.
Dies sollte der kurze Abriss zu 100 Jahren Paulinenauer TSV-Geschichte gewesen sein. Sicherlich etwas mehr Geschichte als Gegenwart. Aber ich denke, Geschichte sollte man bewahren und die Gegenwart werden andere in 20, 50 oder 100 Jahren dann hoffentlich als ihre Geschichte weitererzählen. Sicherlich ist nicht alles vollständig, vieles konnte ich aus der Chronik meines Vaters und den Aufzeichnungen anderer Quellen übernehmen. Einen Großteil habe ich selbst miterlebt.
Für weitere Hinweise, Berichtigungen und Ergänzungen bin ich dankbar.
Zum Abschluss noch einige aktuelle Daten. Der Paulinenauer TSV ist ein gemeinnütziger eingetragener Verein. Geleitet wird er durch den geschäftsführenden Vorstand, seit 2013 in dieser Zusammensetzung:
Vereinsvorsitzender: Detlef Wacker
Stellvertretende Vorsitzende: Claudia Becher
Hauptkassierer: Dieter Czerniak
Sport wird in folgenden Abteilungen angeboten und durch die jeweiligen Abteilungen eigenverantwortlich organisiert. Zum letzten Meldestand im Dezember 2022 hatten die Abteilungen folgende Mitgliederstärke:
Fußball: 58 Mitglieder
Volleyball: 53 Mitglieder
Gymnastik: 35 Mitglieder
Seniorensport: 15 Mitglieder
Tennis: 4 Mitglieder
Gesamtverein: 165 Mitglieder, davon 86 weiblich und 79 männlich.
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