Kulturverein erhält wertvolles Quellenmaterial zu den Gebrüdern Knauer

Es gibt Spezialgebiete des Wissens und die dazu gehörenden Spezialisten. Das ist nicht nur in den Wissenschaften so, sondern auch im Pferdesport. Interessiert man sich zum Beispiel für die Geschichte des deutschen Trabrennsports, kommt man an Karl Dold nicht vorbei.

Über Umwege hatte ich vor Jahren Kopien von Kopien von Briefen erhalten, die Arthur Knauer, der bekannte Paulinenauer Pferdezüchter, 1924 aus Amerika seinem Bruder Carl nach Paulinenaue geschrieben hatte. Es hieß, die Originale besäße Karl Dold. Nur zu gerne hätte ich Kontakt aufgenommen. Im Internet ließen sich noch Kataloge eines hippologischen „Versandantiquariats Karl Dold“ aufstöbern, die mittlerweile selbst nur noch antiquarisch erworben werden konnten. Aber keine Spur führte in die Gegenwart.

Als der Kulturverein 2022 den Grabstein der Gebrüder Knauer sanieren ließ, änderte sich das. Eine Spende für die Restaurierung erhielten wir tatsächlich von Karl Dold aus Berlin. So kam ich an seine Adresse, so fanden wir zueinander und besprachen uns ein erstes Mal im Sommer 2022 bei einem Spontanbesuch an der Tür des Schöneberger Mietshauses, in dem er wohnt und in dem auch die Reste seines Antiquariates sich befinden. Schon bei diesem kurzen Treffen hatte sich völlig unvermittelt ein Fenster in die Vorkriegszeit und in die Geschichte des einst hochangesehenen Paulinenauer Gestütes geöffnet. Als wäre er dabei gewesen, erzählte Dold von der Praxis der damaligen Pferdezucht, über Arthur Knauers Humor, seine Weltgewandtheit, sein Netzwerk und das Mariendorfer Rennsportmilieu der Zwischenkriegszeit. Er kannte Unterstützer und Konkurrenten und war selbst über die notorisch prekäre Finanzsituation der Gebrüder gut informiert.

Karl Dold beim Treffen im Juli 2023. Dem Archiv des Kulturvereins übergab er u.a. diesen Bildband aus dem Jahr 1954. Foto: J. Scholz 2023.

 

Historische Kunstfotografie einer Originalzeichnung von Arthur Knauer (ca. 1910).  Paulinenauer Kulturverein e.V., Archiv.

Beim nächsten Treffen am 27. Juli 2023 setzte Karl Dold in einem Café seine Erzählung fort. Wieder ging es um die Knauers, um missglückte Versuche der Nazis, sich der Berliner Trabrennsportszene zu bemächtigen, um Knauers jüdische Freunde, wie Paul Cassierer, und um viele weitere Details. Diesmal konnte ich das Gespräch aufzeichnen. Auch war Karl Dold nicht mit leeren Händen gekommen. Dem ortsgeschichtlichen Archiv des Paulinenauer Kulturvereins übergab er zwei Kunstfotografien von Bildern, die Arthur Knauer zu Beginn des 20. Jahrhunderts gemalt hat, einen Bildband sowie Kopien der wichtigsten Zeitschriftenartikel zur Geschichte des Gestüts und Kopien der Briefe von Arthur Knauer aus Amerika. Die Originale befinden sich in Mariendorf. Die Suche kann also weitergehen.