Die bei ihrer Eröffnung am 7. Oktober 1974 hochmoderne Milchviehanlage wird in den nächsten Jahren komplett abgebaut. 2000 Kühe wurden hier einmal gehalten. Jeder kennt die „Anlage“, aber wenige wissen so genau Bescheid über sie wie Hartmut Henning, der von Anfang an bis 1990 hier beschäftigt war und am Sonntag-Nachmittag seine Erfahrungen teilte. Neben Henning hatten sich 40 Interessierte, darunter etwa ein Dutzend ehemalige Beschäftigte, zum Termin eingefunden. Obwohl es leider keine Erlaubnis zum Betreten gab, fingen ihre Erzählungen ein, wie die Milchviehanlage das Arbeiten und Leben sehr vieler Paulinenauerinnen und Paulinenauer in der DDR geprägt hat. Es ist ein wichtiges Kapitel der Ortsgeschichte. Die Erinnerungen waren folglich dicht und handelten von Milchquoten, Viehseuchen, dem guten – weil in der Kantine selbst zubereiteten – Essen und von der großen Solidarität unter den Beschäftigten. Auch das ruhmlose Ende des Nachfolgebetriebes im Jahr 2018 kam zur Sprache. Wertvolle Ergänzungen, etwa zur Verflechtung der Milchviehanlage mit den Forschungen des Paulinenauer Landwirtschaftsinstitutes, wurden von Beteiligten beigesteuert.

Sie haben hier einmal gearbeitet. Viele Paulinenauer verbinden lebendige Erinnerungen mit ihrem Arbeitsplatz in der Paulinenauer Milchviehanlage. Foto: J. Scholz, 2025.

Von der Anlage ging es weiter zur nahen Eisenbahnlinie. Hier berichtete ein weiterer Zeitzeuge – Heinz Wellenbrock – vom Leben auf „Posten 15“, einem im 19. Jahrhundert errichteten Bahnwohnbau nebst Streckenposten direkt an den Gleisen. Heinz kam mit seiner Frau Anfang der 1970er Jahre aus Mecklenburg nach Paulinenaue, um im Institut zu arbeiten. Obwohl seine Heimat als besonders rückständig galt, war er doch Toilette und fließendes Wasser im Haus gewöhnt. Das alles fehlte auf Posten 15. Nur Opa Dräger, der Nachbar, hielt im Winter den Weg frei. Die Familie gewöhnte sich an das karge Leben. Der Fliederbusch, den Heinz pflanzte, hat sich mittlerweile weit ausgebreitet. Sonst erinnert kaum noch etwas an Posten 15. Nach Wellenbrocks wohnten Ende 1976 noch einige junge Kollegen der Milchviehanlage für ein paar Monate hier draußen, berichtete Detlef Giese, der zu der Drei-Mann-Truppe gehörte. Dann wurde „Posten 15“ abgerissen und die Steine u.a. zum Bau der Paulinenauer Turnhalle verwendet.

Heinz Wellenbrock erzählt vom Leben auf Posten 15. Foto: E. Schwarz, 2025.

Herzlichen Dank an Hartmut und Heinz und an alle Beteiligten. Das Archiv des Kulturvereins bewahrt die heute aufgezeichneten Geschichten sowie zwei Paar Latschen mit Fußpilzschutz auf, die Eckhard Vierjahn vom Verein noch aus dem materialen Bestand der Milchviehanlage gerettet hat.