26.12.2012. Auf ihrer Sitzung am 5. November 2012 hat die Gemeindevertretung Paulinenaue das Amt Friesack mit der Veräußerung des Bahnhofsgebäudes an einen Privatinvestor beauftragt, denn seit sie den Bahnhof vor fünf Jahren im Zuge der Neugestaltung der Parkplätze übernehmen musste, war es nicht gelungen, eine tragfähige Perspektive für das denkmalgeschützte Gebäude zu finden. Vor allem die Beteiligung an den Kosten des Brückenbaus, die ihr nach der Erneuerung der ICE-Trasse aufgenötigt worden war, hatte der Gemeinde Gestaltungsspielraum für das Projekt Bahnhofssanierung genommen. Trotz satter Fördermöglichkeiten von 75 Prozent, die für die Bahnhofssanierung in Aussicht standen, konnte man sich dazu nicht entschließen. So ist das Bahnhofsgebäude heute vor allem wegen drückender Unterhaltungskosten in der Gemeinde präsent und alle Fraktionen teilen die Entscheidung zur Veräußerung des Hauses. Auch in einem Pressekommentar der Regionalzeitung wird sie ausdrücklich begrüßt: „Das Gebäude zu verkaufen, ist der einzig mögliche Schritt. Unabhängig mal davon, ob es gelingt“, liest man in der MAZ.

Das mag stimmen, richtig ist aber auch, dass der Zeitungskommentar genau den ortstypischen Pessimismus reproduziert, der in Paulinenaue zu einer alternativlosen realpolitischen Option geworden ist. Von Chancen oder einer symbolischen Notwendigkeit, das Haus zu halten, ist immer weniger die Rede. In einer Situation aber, in der es nur noch als Klotz am Bein wahrgenommen wird, lassen sich Ideen für das älteste und bauhistorisch bedeutendste Zeugnis der Paulinenauer Ortsgeschichte nicht entwickeln.

Bahnhof Paulinenaue

Paulinenaues Bahnhofsgebäude steht mitten im Ort. Es ist das älteste und wichtigste Haus von Paulinenaue. Die Gemeinde wollte es als Zentrum des öffentlichen Lebens entwickeln, muss den Plan nun aber aufgeben. Foto: Joachim Scholz, 2010.

Darüber, ob es Aussicht hat, noch auf den Bahnhof zu setzen, hört man verschiedene Stimmen. Man hätte es als Gemeinde einfach in die Hand nehmen und die Sanierung beginnen müssen. Mit einer bloß risikovermeidenden Haltung sei noch kein Sanierungsprojekt gelungen, sagen die einen. Andere meinen, den Bahnhof zu kaufen, wäre von Anfang an ein Fehler gewesen. Bahnhöfsgebäude an toten und also ruhigen Bahnlinien neu zu beleben, das mag vielleicht noch gehen: an einer so stark befahrenen Strecke wie der zwischen Berlin und Hamburg sei das aber aussichtslos. Die Masterarbeit von Michael Dirik widerum hatte gerade die unmittelbare Bahnanbindung als den größten Hoffnungsschimmer herausgestellt. Was soll man nun glauben?

Die Verkaufsabsicht dürfte tatsächlich die bessere Option für den Bahnhof sein und es bleibt zu hoffen, dass die Investorensucher auf Amstebene ihre Arbeit aktiv betreiben werden. Dazu gehört, den Bahnhof nicht nur als Ruine darzustellen und damit der Sache zu schaden. Denn es darf gerade vom öffentlichen Entscheidungsträger nicht übersehen werden, dass mit den zentralen Einrichtungen des alten Ortsbildes nicht bloß die Geschichte des Dorfes, sondern auch künftige Chancen auf öffentliches Leben hier vor Ort getilgt werden. Der Paulinenauer Gutshof ist zur Hälfte verfallen, zur anderen Hälfte bereits abgerissen. Auch vom Landwirtschaftsinstitut und der Milchviehanlage ist kaum noch etwas übrig. Die Gaststätte wird als der nächste Abrisskandidat gehandelt. Gerade hat nach fast 90 Jahren die Fleischerei geschlossen und es heißt schon, dass auch der übrig gebliebene Einzelhandel sich nicht mehr lange halten wird. Über keine öffenliche Einrichtung wird jenseits von Fußballverein und Feuerwehr noch eine ortsspezifische Identität vermittelt. Nur das Altenheimprojekt im Schloss hat – immerhin, aber doch bezeichnenderweise – Perspektive.

Die Gemeinde hat seit der Wende immer wieder und durchaus erfolgreich Investitionen vorangetrieben, um dem privaten Leben im Wohnort einen angemessenen Rahmen zu geben. Um den öffentlichen Raum aber ist es mittlerweile schlimm bestellt. Das zu ändern, ist in erster Linie Sache der Einwohner von Paulinenaue. Deren Zurückhaltung im Privaten etwas entgegen zu setzen, sollte trotzdem vitales Anliegen der Lokalpolitik bleiben.